Sitzung: 15.11.2017 Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss
Beschluss: Zur Kenntnis genommen
I.
Grund (Anlass) der
Behandlung
Aufgrund
des Beschlusses des Kreistages vom 03.12.2014 hat der Landkreis mit der RVO
probeweise für 3 Jahre einen Verkehrsleistungsvertrag über Zusatzfahrten auf
der Linie 9621 (sogenannter Staffelseebus) abgeschlossen. Dieser
Verkehrsleistungsvertrag endet am
31.08.2018.
Über
die Entwicklung und den Stand dieses ÖPNV-Angebotes ist im Umwelt- und
Landwirtschaftsausschuss zu berichten.
II.
Sach- und Rechtslage
Bei dem erneuten Probebetrieb der Zusatzfahrten für die
Staffelseebuslinie sind die Haltestellen, die Linienführung und der Fahrplan
auf die Wünsche der betroffenen Gemeinden Murnau, Schwaigen und Seehausen
ausgerichtet worden.
Von 23 Haltestellen der Linie
liegen 2 auf Grafenaschauer Flur, 4 auf Seehausener Flur und 17 auf Murnauer
Flur. Von den 17 Murnauer Haltestellen befinden sich mindestens 8 im
Kernbereich von Murnau und stellen dort einen klassischen Ortsverkehr dar. An
den Betriebstagen verkehrt der beauftragte Kleinbus 12-mal am Tag (6 x von
Grafenaschau nach Murnau und 6 x von Murnau nach Grafenaschau).
Die Kreisgremien sind damit den Wünschen der betroffenen Gemeinden
nachgekommen und deutlich über das ursprüngliche Ziel hinausgegangen, nämlich
speziell Grafenaschau besser an Murnau anzubinden. Dies auch in dem
Bewusstsein, dass bereits die vorhergehende probeweise eingerichtete Buslinie
aufgrund des hohen Defizites nicht aufrechterhalten werden konnte.
Inzwischen hat sich leider gezeigt, dass auch das laufende Projekt nicht
die erhofften Resultate bringt. Das Defizit hat sich nicht entscheidend
verringert, und die beauftragten
Zusatzfahrten werden nur unzureichend von der Bevölkerung angenommen. Die im
Vorfeld durch die betroffenen Gemeinden geäußerten optimistischen Erwartungen
sind leider nicht eingetroffen.
1. Betriebsjahr (September 2015 bis August 2016)
Kosten |
Einnahmen |
Defizit |
Deckungsgrad |
54.537,22 € |
6.971,97 € |
- 47.565,25 € |
12,78 % |
2. Betriebsjahr (September 2016 bis August 2017)
Kosten |
Einnahmen |
Defizit |
Deckungsgrad |
56.181,74 € |
4.834,97 € |
- 51.356,77 € |
8,61 % |
Das Betriebsergebnis der ersten
beiden Jahre weist jeweils ein hohes Defizit aus. Leider ist auch vom ersten
zum zweiten Betriebsjahr das Defizit um weitere ca. 4.000 Euro gestiegen und
der Deckungsgrad um über 4 % gesunken.
Das jährliche Defizit ist mit 47.565 bzw. 51.346 Euro zwar
geringer als das Defizit beim vorhergehenden Probebetrieb. Hier waren es
jährlich ca. 60.000 Euro. Das hängt aber nicht unwesentlich damit zusammen,
dass sich die RVO bei der zweiten (derzeitigen) Erprobungsphase bereit erklärt
hat, die Zusatzfahrten an Dienstagen und Donnerstagen in der Schulzeit
eigenwirtschaftlich zu bedienen. Bei der vorhergehenden Erprobung war das nicht
der Fall. Bereits jetzt hat die RVO gesprächsweise mitgeteilt, dass sie diese
Fahrten bei einer eventuellen Weiterführung der Linie künftig nicht mehr
eigenwirtschaftlich anbieten kann, weil zu wenige Fahrgäste mitfahren. Das
würde unweigerlich zu einer weiteren Erhöhung des Defizits führen.
Die Fahrgastzählungen in den ersten zwei Betriebsjahren haben ergeben,
dass der vom Landkreis beauftragte Kleinbus am Tag von durchschnittlich 23,5 Personen genutzt wurde. Das bedeutet, dass bei täglich 12 Fahrten
im Schnitt je Fahrt nur 1,95 Personen
mitgefahren sind.
In Grafenaschau (Birkenallee und Seniorenheim) sind an den Zähltagen
bei 6 Fahrten täglich insgesamt pro Tag entweder nur eine Person oder maximal 11
Personen eingestiegen. Im
Schnitt waren es 4,93 Personen pro Tag,
bei täglich 6 Fahrten also weniger als
eine Person pro Fahrt. Diese Betrachtung ist von besonderer Bedeutung, weil
durch die Zusatzfahrten in erster Linie die Anbindung von Grafenaschau
verbessert werden sollte. Es zeigt sich, dass in Grafenaschau nur wenige
Personen die beauftragten Zusatzfahrten genutzt haben.
Zu beachten ist, dass die von der RVO eigenwirtschaftlich angebotenen
Fahrten unabhängig von den durch den Landkreis bezahlten Zusatzfahrten
durchgeführt werden. Nach derzeitigem Stand sind das an Schultagen von
Grafenaschau Richtung Murnau in der Früh 2 Fahrten und am frühen Nachmittag 1
Fahrt. Von Murnau nach Grafenaschau sind es 2 Fahrten am frühen Nachmittag.
Nachdem der Probebetrieb Ende August 2018 ausläuft, muss im nächsten Sitzungszyklus
von ULAS, KAS und Kreistag, also noch im ersten Quartal 2018, eine Entscheidung herbeigeführt werden, ob und gegebenenfalls wie ein Zusatzangebot
auf der Linie 9621 fortgeführt werden
soll.
Der Markt Murnau hat im
Oktober 2017 eine weitere, nunmehr dritte
Variante der Linienführung und Taktung für den Staffelseebus vorgelegt.
Noch deutlicher als bisher würde damit der Ortsverkehr in Murnau gestärkt, und
zwar durch mehr Haltestellen im Kernbereich von Murnau und durch die
Verwirklichung eines 1-Stunden-Takts [kleine Schleife] innerhalb von Murnau;
ein 2-Stunden-Takt [große Schleife] ist für die Anbindung von Grafenaschau
geplant. Der Markt Murnau ist der Ansicht, dass durch eine solche und für
jedermann verständliche Taktung sowie durch die Erschließung weiterer Bereiche
innerhalb von Murnau das Angebot besser angenommen und damit tragfähiger würde.
Es liegt auch und gerade im Interesse des Marktes Murnau, für diese
Variante nun möglichst schnell (spätestens vier Wochen vor der nächsten ULAS-Sitzung)
einen Fahrplan
und vor allem eine prüffähige Kostenschätzung vorzulegen. Erst dann kann sachgerecht darüber entschieden werden, ob
der Ende August auslaufende Probebetrieb durch eine solche oder ähnliche
Variante abgelöst werden sollte.
Unabhängig
davon prüft die Verwaltung, ob ein bedarfsorientiertes Mindestangebot in
Form eines kostengünstigeren
Anruf-Linien-Taxis von Grafenaschau
zum Bahnhof Grafenaschau (Westried) und umgekehrt (2,6 km) zu realisieren
ist. Das würde dem tatsächlichen Bedarf von Grafenaschau eher entsprechen und
stünde im Einklang mit den Vorgaben des
bestehenden Nahverkehrsplanes und den Leitlinien für die Nahverkehrsplanung in
Bayern. Zwischen den Bahnhöfen Grafenaschau (Westried) und Murnau verkehrt der
Zug nahezu im Stundentakt.
Da der Vertrag im nächsten Jahr
während der Dauer der Bayerischen Landesausstellung ausläuft, prüft die Verwaltung zusätzlich, ob
eine kurzfristige Verlängerung des
Vertrages (um 3 Monate) vergabe- und konzessionsrechtlich möglich wäre.