II. Sachverhalt - aktuelle Situation Werdenfelsnetz

 

 

Planerische Bewertung des Werdenfelsnetzes:

 

Als planerische Grundlage für den Neu- und Ausbau des Schienennetzes dient der Bundesverkehrswegeplan (BVWP). Der BVWP ist das zentrale und verkehrsübergreifende Planungsinstrument der Bundesregierung für die Verkehrspolitik. Der aktuelle BVWP 2030 wurde am 3. August 2016 beschlossen und gilt bis 2030. Die einzelnen Länder konnten beim Bund relevante Neu- und Ausbaumaßnahmen anmelden. Die Bayerische Staatsregierung verzichtete darauf, den „zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke zwischen Tutzing und Garmisch-Partenkirchen“ für den BVWP 2030 anzumelden (siehe dazu Drucksache 18/7902 „Werdenfelsbahn I“ in der Anlage).

 

Auch die aktuelle Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV III), die zu „ … Beginn des Jahres 2020 zwischen dem Bund und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen der DB für den Zeitraum von zehn Jahren abgeschlossen“ wurde, sieht keine Mittel für diese Maßnahmen vor. (vgl. Drucksache 18/7902) Die LuFV regelt Ausgleichszahlungen zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn für Infrastrukturmaßnahmen.

 

Die Bayerische Staatsregierung möchte sich „einen möglichen zweigleisigen Ausbau der Werdenfelsstrecke offenhalten. Zur punktuellen Verbesserung von Zugdichte und Pünktlichkeit könnte insbesondere die Schaffung kurzer zweigleisiger Abschnitte langfristig eine interessante Option darstellen.“ (Drucksache 18/7902)

 

Im Rahmen des Zielfahrplans Deutschlandtakt erarbeitet der Bund derzeit ein Konzept zur fahrplanbasierten Infrastrukturentwicklung aus. Der am 30. Juni 2020 vorgestellte 3. Gutachterentwurf sieht einen „unechten“ Halbstundentakt im Schienenpersonennahverkehr zwischen München und Mittenwald vor. (siehe Netzplan im Anhang) Dieser kann nur durch einen zusätzlichen Ausbau im Abschnitt Huglfing – Murnau verwirklicht werden.

 

 

Trägerschaft des Werdenfelsnetzes:

 

Aus der Vorbemerkung zur Drucksache 18/7902 „Werdenfelsbahn I“ geht hervor, „…dass nach Art. 87e Grundgesetz der Bund für die Finanzierung der bundeseigenen Schieneninfrastruktur verantwortlich ist. Die Bestellung der Zugfahrten im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) obliegt hingegen dem Freistaat.“

 

In ihrem Schreiben vom 20. Oktober 2020 bestätigt Frau Staatsministerin Schreyer folgendes:

„Das Werdenfelsnetz gehört den bundeseigenen DB-Konzerntöchtern DB Netz und DB Station&Service. Daher ist es auch richtig gewesen, Ihre infrastrukturellen Anliegen beim Bundesverkehrsministerium zu platzieren, zumal auch der Bundesverkehrswegeplan ein Planungsinstrument der Bundesregierung ist und die Leistungs- & und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) ein Vertrag zwischen dem Bund und der DB.“

 

Der Bundesminister Scheuer argumentiert hingegen in seinem Schreiben vom 09. Oktober 2020 in Bezug auf den „Ausbaubedarf im Abschnitt Huglfing – Murnau „(...). Sollte sich der Freistaat Bayern diese für den Schienenpersonennahverkehr bestimmte Maßnahme zu Eigen machen, ist auch eine Förderung des Vorhabens mit Bundesmitteln, z.B. über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, denkbar, sofern die Fördervoraussetzungen vorliegen.“

 

Zusammenfassend stellt der teilweise zweigleisige Ausbau zwischen Huglfing und Murnau, der Voraussetzung für einen Halbstundentakt München – Garmisch-Partenkirchen/ Mittenwald ist, aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums eine Schienenpersonen-nahverkehrsmaßnahme dar, die im Aufgabenbereich des Freistaats Bayern liegt. Das Staatsministerium hingegen verweist in dieser Sache unter Berufung auf Art. 87s GG auf den Bund.

 

Damit der Freistaat über die Bayerische Eisenbahngesellschaft eine Taktverdichtung (Halbstundentakt) beauftragen kann, müssen unten stehende Fahrgastzahlen an den jeweiligen Haltepunkten erfüllt sein:

 

- 1.0003.000 Fahrgäste/Tag: Stundentakt

- 3.0005.000 Fahrgäste/Tag: Stundentakt (MoFr in der Hauptverkehrszeit: Halbstundentakt)

- 5.00010.000 Fahrgäste/Tag: Halbstundentakt

 

Derzeit erfüllen keine Haltepunkte südlich von Murnau die Voraussetzung für einen Halbstundentakt von über 5.000 Fahrgästen/Tag, was folgendes Diagramm zeigt:

 

Abb.1: Aktuelle Fahrgastzahlen 2018 Montag – Freitag (Quelle: BEG)

 

 


 

Die Verwaltung leitet folgende Möglichkeiten aus dem vorliegenden Sachverhalt ab:

 

1. Hinwirken auf politische Vertreter aus der Region

Der Landkreis kann die Mitglieder des Landtages, welche die Region vertreten, bitten, sich der Sache auf Landesebene anzunehmen, Ziel sollte es sein, dass der Freistaat Bayern diese Maßnahme als oberste Priorität unterstützt. Als wichtige Ergänzung sind hier Maßnahmen zu höhenfreien Kreuzung (Bahn / Straße) z.B. an den Bahnübergängen in Ohlstadt, Eschenlohe, Oberau und Farchant aufzunehmen.

 

 

2. Fördervoraussetzungen vorausschauend erfüllen

Der Landkreis versucht bereits im Vorfeld, die in seinem Wirkungskreis liegenden Voraussetzungen für eine Förderung der Maßnahmen im Rahmen des Gemeindeverkehrs-finanzierungsgesetz (GVFG) zu erfüllen.

 

Aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) ist zu entnehmen:

 

§ 3 Voraussetzungen der Förderung

Voraussetzung für die Förderung nach § 2 ist, dass

1. das Vorhaben

a) nach Art und Umfang zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse dringend erforderlich ist und die Ziele der Raumordnung und Landesplanung berücksichtigt,

b) in einem Nahverkehrsplan oder einem für die Beurteilung gleichwertigen Plan vorgesehen ist,

c) bau- und verkehrstechnisch einwandfrei und unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant ist; es kann in besonderem Bundesinteresse liegen, bestimmte Kriterien im Bewertungsverfahren vorhabenspezifisch stärker zu gewichten, zum Beispiel Klima- und Umweltschutz, Verkehrsverlagerung oder Aspekte der Daseinsvorsorge. Für Vorhaben nach § 2 Absatz 3 ist ein gesamtwirtschaftlicher Nachweis entbehrlich.

[…].“

 

Der Landkreis wird veranlassen, dass die oben genannte Infrastrukturmaßnahme, nebst höhenfreier Kreuzungen im weiteren Streckenverlauf, in den aktuellen Nahverkehrsplan aufgenommen wird.