Sitzung: 12.11.2019 Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss
Beschluss: Zur Kenntnis genommen
Umwelt- und
Landwirtschaftsausschuss: Anfrage Kreisrat Korbinian Freier „Neophyten und
Intensivierung/Extensivierung der Landwirtschaft“
1) Welche Strategie
verfolgt der Landkreis beim Umgang mit invasiven Pflanzenarten wie dem
Himalaya-Springkraut und dem Japanischen Pestwurz?
Neophyten sind Pflanzenarten, die durch den Menschen in ein fremdes
Ökosystem gebracht werden. Manche haben die Eigenschaft und Fähigkeit, sich
dort massiv auszubreiten. Das Phänomen tritt weltweit auf und ist z. B. in
Nordamerika, Australien oder Neuseeland noch ungleich gravierender als in
Europa.
Niemand war und ist in der Lage, die Ausbreitung besonders
ausbreitungsstarker Arten wie z. B. Riesenbärenklau,
Drüsiges Springkraut, Japanischer Staudenknöterich, Goldrute oder Wasserpest
flächendeckend zu unterbinden. Die Untere Naturschutzbehörde am LRA verfolgt
deshalb die Strategie, wenigstens wertvolle Schutzgebiete möglichst von solchen
Arten frei zu halten. Generell ist eine Bekämpfung in Fluss- oder Bachbereichen
von oben nach unten zweckmäßig, da sonst die Gefahr des wiederholten Eintrages
von Pflanzenteilen oder Samen besteht. Eine besonders bewährte
Bekämpfungsmethode ist die Einführung bzw. Fortführung einer regelmäßigen
Bewirtschaftung, da die meisten genannten Arten von nutzungsfreien Strukturen
profitieren.
2) Wie setzt der Landkreis
diese Strategie auf kreiseigenen Liegenschaften um?
Vorteil bei kreiseigenen Grundstücken ist die unmittelbare Umsetzung von
Maßnahmen. Auf allen anderen Grundstücken muss im Vorfeld von Maßnahme der
jeweilige Grundstückseigentümer um Zustimmung gebeten werden. Maßnahmen können
die Änderung oder Ausweitung einer regelmäßigen Nutzung sein, aber auch
händische punktuelle Maßnahmen durch Beauftragte oder eigenes Personal.
3) Wie fördert oder
koordiniert der Landkreis die Eindämmung von invasiven Arten durch die
Gemeinden, Unternehmen (z.B. Kiesgrubenbesitzer) im Landkreis? Erfolgt eine
Abstimmung, insbesondere im Naturpark Ammergauer Alpen und in Naturschutzgebieten,
mit der Deutschen Bahn, den Staatsforsten und dem Straßenbauamt?
Gemeinden wurden in einzelnen Fällen Neophytenvorkommen im Ortsbereich
mitgeteilt und sie wurden gebeten, die Bekämpfungsmaßnahmen zu übernehmen. In
Einzelfällen wurden mit Privatpersonen Ortstermine vereinbart und
Bekämpfungsmöglichkeiten besprochen, z. T. auch finanziert. Mit dem Naturpark
Ammergauer Alpen fand kürzlich ein Abstimmungsgespräch zu diesem Thema statt.
Der Unteren Naturschutzbehörde ist nicht bekannt geworden, dass die Deutschen
Bahn, die Bayerischen Staatsforsten oder das Straßenbauamt bislang
Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt haben. Deshalb erfolgte mit diesen Stellen
bislang keine Abstimmung. Die bislang durch die UNB veranlassten
Bekämpfungsmaßnahmen fanden schwerpunktmäßig in Naturschutzgebieten statt.
4) Welcher Trend liegt im
Landkreis zur Nutzung landwirtschaftlicher Flächen vor? War die Intensität der
Flächennutzung in den vergangenen Jahren gleichbleibend, kam es zu
Extensivierungen oder zu Intensivierungen (Bitte nach Möglichkeit mit Angabe
der jeweiligen Flächengrößen)?
Die landwirtschaftlichen Nutzungen im Landkreis GAP unterliegen den
typischen Trends im Alpenvorland und im Alpengebiet, es gibt aber auch
deutliche Abweichungen. Generell ist vorauszuschicken, dass die Einzelbetriebe
im Landkreis relativ klein sind und vergleichsweise extensiv und traditionell
wirtschaften. 77 % der Betriebe arbeiten im Nebenerwerb, ein extrem hoher Wert.
Auf der anderen Seite gibt es eine weitere Besonderheit, nämlich mehrere
Rechtlergemeinschaften mit ungewöhnlich großen Bewirtschaftungsbereichen in
Heimweiden und Almgebieten. Im Folgenden werden die Trends für die
verschiedenen Nutzungstypen beschrieben:
Almen
Zwar ist im Landkreis seit Jahrzehnten keine
Alm mehr aufgelassen worden, die Fläche der Lichtweiden nimmt aber seit langem
laufend ab und beträgt nur noch 2.400 ha. Auch die Fläche der Waldweiden ist
stark rückläufig, noch verstärkt durch forstliche Bemühungen. Die Nutzungsintensität
auf den Lichtweiden ist nach unserer Einschätzung ungefähr stabil oder leicht
abnehmend, die Waldweide ist rückläufig, so dass sich lichte Wälder vielerorts
in zunehmend geschlossene, dunkle Waldbestände verwandeln. Den Almbauern ist
diese Tatsache bewusst und es wird versucht dem negativen Trend bestmöglich
entgegenzuwirken.
Heimweiden, Gemeinschaftsweiden im Tal
Derartige Gemeinschaftsweiden liegen meist entlang der Flüsse und an den
Unterhängen der Berge in ortsnaher Lage, -vor allem im Werdenfelser Land- und
sind meist von besonderem landschaftlichen Reiz (z. B. Föhrenheide, Obere
Loisach, Obere Isar). In Zusammenarbeit mit der Naturschutzverwaltung und
teilweise auch der Forstverwaltung konnten in den vergangenen Jahren erhebliche
Flächen wieder für das Weidevieh nutzbar gemacht werden und historische
Landschaftsbilder wiederhergestellt werden. Trotz einer gewissen (notwendigen)
„Intensivierung“ der Nutzung von Heimweiden sind solche Flächen als äußerst
extensiv genutzte Landwirtschaftsflächen zu betrachten. Etwa 500 Hektar gibt es
davon noch.
Bergwiesen / Buckelwiesen
Der drastische Rückgang dieser Flächennutzung und die Umwandlung in
Viehweiden konnte in den 1980er und 1990er Jahren gebremst werden. Mit ursächlich
war die Einführung des Vertragsnaturschutzes und ein deutlicher
Bewusstseinswandel bei den Bewirtschaftern. Das „Wiesmahd“ gehört zu den
Markenzeichen des Werdenfelser Landes und des Ammertales. Wiesmahd gehört trotz
der damit verbundenen intensiven Handarbeit zu den extensivsten
Landnutzungsformen. Etwa 1.000 Hektar Bergwiesen und andere gemähte Magerrasen
gibt es zur Zeit noch im Landkreis.
Private Viehweiden / Jungviehweiden
Die Gesamtfläche dürfte seit längerem mehr oder weniger stabil sein.
Infolge des inzwischen üblichen Verzichtes auf Düngung solcher meist steilen
oder abgelegenen Flächen kann von einer gewissen Extensivierung ausgegangen
werden.
Streuwiesen,
Feuchtgrünland
Durch die gemeinsamen Bemühungen des amtlichen Naturschutzes, des
Landkreises und vieler Landwirte konnten eine erhebliche Wiederausdehnung der
Nutzung von Feucht- und Streuwiesen erreicht werden. Innerhalb von etwa 3
Jahrzehnten konnte die Hektarzahl von wenigen hundert auf etwa 2.500 erhöht
werden. Man könnte wieder von einer „intensiven Streuwiesennutzung“ sprechen,
wobei der eine Schnitt im Herbst oder Winter zweifellos für eine äußerst
extensive Nutzungsform spricht.
Wirtschaftsgrünland
Das Wirtschaftsgrünland in ebener oder hügeliger Lage der Talböden und
des Alpenvorlandes wird heute überwiegend intensiver genutzt, als in früheren
Jahrzehnten. Die ehemals blütenreichen Zwei-Schnitt-Wiesen sind mit Ausnahme
einiger Bereiche des Oberen Loisachtales und Isartales Großteils verloren
gegangen. Heute sind 3 bis 4 Schnitte auch im Landkreis die Regel, was aber in
anderen Voralpenlandkreisen mit 4 bis 7 Schnitten deutlich übertroffen wird.
Dies liegt nicht nur an einem höheren Düngereinsatz, an schlagkräftigerer
moderner Technik, dem Trend zur Silage und zur Schwemmentmistung, sondern auch
an der Erwärmung der Atmosphäre, die zur Nährstoff-Freisetzung und zu stärkerem
und längerem Wachstum führt. Die Gesamtfläche der Wirtschaftswiesen dürfte
infolge einer ständigen Beanspruchung für Infrastrukturmaßnahmen und Bebauung
langfristig leicht abnehmen, obwohl dies in den Statistiken bislang nicht
aufscheint. Mähwiesen (ohne Streuwiesen) gibt es im Landkreis zur Zeit etwa
13.000 Hektar.
Ackerland
Die ackerbauliche Nutzung (v. a. Maisanbau)
war in den letzten Jahren leicht in Zunahme begriffen, erreicht aber längst
nicht Werte, wie in benachbarten Landkreisen. Wegen des Verbotes des
Grünlandumbruches dürfte in nächster Zeit kein bedeutender Zuwachs zu erwarten
sein. Derzeit etwa 150 Hektar Ackerland im Landkreis.
Generelle Betrachtung
Generell lässt sich beobachten, dass der
Trend auf gut maschinell bewirtschaftbaren und fruchtbaren Flächen zu mehr
Intensität geht, insbesondere im Alpenvorland und den Talböden der Alpentäler. Auf
schwerer zu bewirtschaftenden steinigen, steilen, abgelegenen oder nassen Standorten
geht der Trend zu extensiven Nutzungen oder sogar zur Nutzungsaufgabe mit der
Folge einer Verbuschung und Verwaldung. Entgegen der forstlichen Statistiken
ist seit langen Jahren eine stetige Waldzunahme im Landkreis zu verzeichnen, da
in den Statistiken nur die genehmigten Rodungen und Aufforstungen
gegenüberstellt werden. Dieser Trend ist typisch für den Alpenraum.
Im Vergleich mit den anderen
Alpenlandkreisen liegt das Intensitätsniveau der Flächennutzung und Viehhaltung
im Kreis GAP deutlich niedriger. Die andernorts festzustellende Düngerverwehung
und Grundwasserbeeinflussung ist hier noch weniger zu beobachten, als
andernorts, was sich günstig auf die heimische Flora und als Hemmnis für
Neophyten erweist.
Der Landkreis beherbergt eine ungewöhnliche
Fülle artenreichen, extensiv genutzten Grünlandes. Einschließlich der Almen,
Heimweiden, Bergwiesen und Streuwiesen beträgt der Anteil am gesamten Grünland
etwa 40 %, ein Wert der sonst in Bayern oder in den Nachbarlandkreisen bei
Weitem nicht erreicht werden dürfte.