Sitzung: 04.12.2020 Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss
Beschluss: Zur Kenntnis genommen
Vorlage: 32/002/2020
Das
Projekt Unesco Weltkulturerbe hat nun eine Phase erreicht, in welcher die Dinge
konkreter werden und in welcher auch der Kreistag verstärkt gefordert ist.
Vor
wenigen Tagen haben nämlich die Gutachter den Entwurf der Bewerbungsunterlagen
fertiggestellt. Es handelt sich um ein Packet von 1400 Seiten Umfang, mit
vielen Karten, Fotos und Grafiken, aber auch mit sehr viel Text. Der fertige
Antragsentwurf und eine weitgehend fertige Abgrenzung sind Anlass, dem ULAS
heute zu berichten. Außerdem sollen die geplanten nächsten Schritte vorgestellt
werden.
Zunächst
aber ein kurzer Blick zurück:
Im
Herbst 2018 hatte der Landkreis nach Beratung im ULAS den Auftrag zur
Erstellung eines Entwurfes der Antragsunterlagen erteilt. Der Hauptauftrag ging
an Ricarda Schmidt aus München, eine Unesco-Expertin, die sich mit den
Erfordernissen und Formalitäten aufgrund eigener Erfahrungen bestens auskennt.
Unterstützt wird sie von Prof. Norbert Hölzel, aus Münster, der einer der
wenigen ist, der sich international mit Grünlandkulturlandschaften auskennt und
der den Landkreis bestens kennt. Dieser arbeitet mit Alfred Ringler aus
Rosenheim zusammen, der im Landkreis auch kein Unbekannter ist und seine
Expertise für den Alpenraum einbringt.
Im
Winter 2019 erarbeitete ein Ausschuss aus der Unesco-Steuerungsgruppe in
intensiver Zusammenarbeit die „Erklärung zum Außergewöhnlichen Universellen
Wert“, englisch „Statement of Outstanding Universal Value“ (SOUV). Dieses
äußerst kurz gefasste Papier enthält die Grundphilosophie und das
Selbstverständnis unseres Antrages und ist die wichtigste Grundlage des
Antrages. Mitwirkende waren der Kreisobmann des BBV, Klaus Solleder, der
Vorsitzende des Almwirtschaftlichen Vereins Josef Glatz, der stellvertretende
Kreisobmann Luis Kramer sowie Alfred Ringler, Bernadette Wimmer und Peter
Strohwasser und Ricarda Schmidt.
Im
Sommer 2019 erarbeitete das LRA einen ersten Vorschlag für den Geltungsbereich
des Welterbegebietes. Beim Bewerbungsprozess wird auf größtmögliche Transparenz
und Akzeptanz geachtet. Karten und Text wurden deshalb auch im Internet auf der
Seite des Landkreises öffentlich bekannt gemacht. Die Gemeinden und die
Organisationen der Landwirtschaft (BBV und Weidegenossenschaften bzw. AVO),
aber auch sonstige Grundeigentümer konnten Änderungsvorschläge einbringen. Der
Text des SOUV fand einhellige Zustimmung. Zur Abgrenzung kamen zahlreiche
Änderungsvorschläge.
Das
SOUV Papier und diese Karte mit den gelben Suchräumen wurden im Herbst/Winter
in Talschaftsversammlungen vorgestellt und ins Internet gestellt. Alle
landwirtschaftlichen Organisationen und die Gemeinden erhielten die Karten auch
in Papierform, um sie prüfen zu können und ggf. Änderungswünsche eintragen zu
können.
.
Diese
Vorschläge wurden im Frühjahr 2019 fast vollständig eingearbeitet. Es kam zu
Vergrößerungen und Verkleinerungen an anderer Stelle. Die neue Abgrenzung
(diesmal in blauer Farbe) wurde wieder ins Internet gestellt.
Mitte
Juni 2019 erhielten alle Gemeinden ein Schreiben über die Berücksichtigung der Wünsche. Abweichungen
wurden schriftlich begründet. In der Regel wurde alles berücksichtigt.
Im Juli 2019 erhielten auch alle privaten
Grundeigentümer, die Wünsche geäußert hatten, ein persönliches Schreiben mit
Begründung.
Im Jahr 2020 fanden zusätzliche Abstimmungsgespräche
mit verschiedenen Gemeinden statt (insbes. Mittenwald, Riegsee, Wallgau und Ohlstadt), sowie
intensive Verhandlungen mit den Bayerischen Staatsforsten und
Weideorganisationen z. B. in Partenkirchen und Altenau.
Am 26.10.20 fand
eine weitere Sitzung der Unesco-Steuerungsgruppe statt, in welcher der Entwurf
des Antragstextes vorgestellt wurde.
Bis Ende Nov. 2020 hatten die Mitglieder der
Steuerungsgruppe Zeit, den Textentwurf des Antragsdossiers zu prüfen. Die
Änderungswünsche werden von der Verfasserin eingearbeitet.
Sobald die korrigierte Fassung des Antragsdossiers
vorliegt, soll diese den Vertretern von Gremien, Verbänden, Gemeinden und
Behörden zur Verfügung gestellt werden, auch den Mitgliedern des ULAS. Der Text
wird aber auch auf der WebSeite des Landkreises öffentlich zugänglich gemacht.
Um das Rennen um die Anerkennung nicht schon wegen
Zeitverzug zu verlieren, gibt es bis zum Endabgabe-Termin einen sehr straffen
Zeitplan:
bis 30.01.21: Rückmeldungen zum Entwurf des
Nominierungsdossiers möglich
bis 30.03.21: Einarbeitung der Rückmeldungen
bis 30.06.21: Layout des
Antrages, Übersetzung ins Englische
ca. 01.07.21 Beschlüsse über Bewerbung durch Kreistag und Gemeinderäte
Juli 2021 Vorlage und Prüfung des Textes bei der
Kultusministerkonferenz und den Ministerien, im Anschluss Einarbeitung von
Korrekturen
30.09.21 Einreichung des Antrages zur Vorprüfung
beim Welterbezentrum
15.11.21 Rückmeldung des Welterbezentrums,
Einarbeitung von Korrekturen
Januar 22 Unterzeichnung des fertiggestellten
Antrages durch die BRD
Februar 22 Abgabe des Antrages beim Welterbezentrum
Sollte
alles so kommen, sind von der ersten Idee bis zur Einreichung des Antrages etwa
10 Jahre vergangen. Frau Schmidt, unsere Gutachterin meint, ein völlig normaler
Zeitraum für UNESCO-Anträge, insbesondere wenn man bedenkt, wieviele Beteiligte
es hier gibt.
Ein
paar Sätze noch zu den Folgen eines Welterbe-Status und zum Sinn des Ganzen:
Ein
Welterbegebiet ist kein neues und zusätzliches Schutzgebiet. Grundeigentümer können
im Prinzip alle Nutzungen so weiterführen wie bisher, oder auch die Nutzung
ändern oder sogar aufgeben. Das Welterbe soll die Kulturlandschaften im
Geltungsbereich nicht durch Restriktionen schützen, sondern positive Impulse
für unsere Art von Landwirtschaft und Landschaft geben. Es wäre nämlich
unmöglich, ein Grünlandgebiet wie das unsere mit seiner typischen Pflanzen- und
Tierwelt ohne die Bauern zu erhalten. Nicht nur seltene Arten sind bedroht,
auch die Berglandwirtschaft insgesamt ist aus vielerlei Gründen stark
gefährdet. Deshalb steht die (traditionelle) Landnutzung im Mittelpunkt der
Bewerbung.
Durch
den sehr imageträchtigen Welterbestatus erhofft man sich eine Stärkung unserer
Landwirtschaft von innen und von außen. Es geht um bessere Berücksichtigung,
wenn es um politische Entscheidungen etwa zur Förderung oder um neue
Vorschriften geht. Außerdem soll ein Welterbestatus positive Impulse setzen und
den Stellenwert unserer Landwirtschaft und Kulturlandschaft in einer sich
verändernden Gesellschaft und Welt erhalten helfen.